Irren ist menschlich - die Wahrheit über gängige Verkehrsmythen

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ParagraphOhne Regeln geht es nicht. Klar. Das gilt auch und vor allem für den Straßenverkehr. Hier kocht die gestresste Seele so manches Verkehrsteilnehmers schnell hoch, wenn man glaubt, ein (vermeintlich) regelwidriges Verhalten im Straßenverkehr entdeckt zu haben. Doch liegen wir mit unserem Urteil immer richtig, oder ist das eine oder andere Urteil eher in das Reich der Verkehrsmythen zu verabschieden? Im Klartext: Was ist im Straßenverkehr erlaubt bzw. was ist tatsächlich verboten? Reifentrends.de macht den Regel-Check.

 

Das Rechtsfahrgebot

Beginnen wir gleich mit einem weit verbreiteten Missverständnis. Viele Verkehrsteilnehmer legen das Rechtsfahrgebot nämlich dahingehend aus, dass bei dreispurigen Autobahnen der Mittelstreifen nach Möglichkeit stets frei zu bleiben habe. Tatsächlich ist das Rechtsfahrgebot aber nicht so zu verstehen, dass jede sich bietende Lücke von den Kraftfahrzeugen der mittleren Spur unbedingt zu nutzen wäre, um sogleich wieder auf die rechte Fahrbahn zu wechseln. Vielmehr darf der mittlere Fahrstreifen einer Autobahn auch über längere Zeit befahren werden - auch wenn dieser nicht zum Überholen genutzt wird. Gleichwohl gilt, dass andere Verkehrsteilnehmer nicht behindert werden dürfen. Dies wäre zum Beispiel dann der Fall, wenn dauerhaft die linke Überholspur belegt würde, obwohl man lediglich mit 100 km/h unterwegs ist.


Ist rechts überholen zulässig?

Ebenfalls weit verbreitet ist die Annahme, dass auf mehrspurigen Strecken (Inner- wie Außerorts) und auf Autobahnen das Rechtsüberholen grundsätzlich verboten sei. Das stimmt so nicht ganz. Denn zwar gilt in Deutschland grundsätzlich das Verbot, rechts zu überholen. Doch kennt der Paragraph 5 der Straßenverkehrsordnung diesbezüglich eine Reihe von Ausnahmen: z.B. Beschleunigungsspuren, zähfließender Verkehr auf der Autobahn bei annähernd gleichen Geschwindigkeiten auf den Spuren, Schienenfahrzeuge und Linksabbieger, die sich auf der Abbiegespur eingeordnet haben. Diese Beispiele dürften noch allgemein bekannt sein. Rechts überholen ist Innerorts aber auch auf Straßen mit freier Fahrstreifenwahl zulässig. Zudem ist Mofa- und Radfahrern das Rechtsüberholen – freilich bei mäßigem Tempo – gestattet.


It’s Schuh-Time

Modebewusste Mitmenschen wollen auch im Auto nicht auf stylishes Schuhwerk verzichten. Ob High-Heels, flache Flip-Flops oder gar barfuß: Der Gesetzgeber macht bezüglich unserer Fußbekleidung keinerlei ausschließende Vorschriften. Für den individuellen Drauftritt ist alles erlaubt, was gefällt – solange es dadurch nicht zu Beeinträchtigungen der Verkehrssicherheit führt. Sollte sich nämlich ein Unfall ereignen, für den das Schuhwerk ursächlich verantwortlich gemacht werden kann (z.B. weil man aufgrund der Schuhe nicht schnell genug reagieren konnte), so könnte man sich einer Verletzung der Sorgfaltspflicht schuldig gemacht haben. Außerdem steht dann möglicherweise Ärger mit der eigenen Versicherung ins Haus.


Vorfahrt für Radfahrer auf dem Zebrastreifen?

Der eine oder andere Radfahrer wähnt sich an einem Zebrastreifen im Vorrang gegenüber Autos. Doch damit liegen sie falsch. Radfahrer genießen nämlich auf einem Fußgängerüberweg bzw. einem Zebrastreifen keinen Vorrang gegenüber dem fließenden Verkehr gemäß Paragraph 26 Absatz 1 der Straßenverkehrsordnung. Anders verhält es sich, falls sie ihr Rad schieben. Dann gelten sie als Fußgänger, denen ein Zebrastreifen besonderen Schutz gegenüber den Kraftfahrzeugen gewährt.


Gilt auf Autobahnen mindestens 60 km/h?

Darauf, dass auf Autobahnen eine Mindestgeschwindigkeit von 60 km/h gilt, würden viele Autofahrer gewiss Stein und Bein schwören. Doch die eiligen Eidgenossen liegen damit falsch. Die Angabe des Tempos (mindestens 60 km/h) steht zwar im Fahrzeugschein eines Kfz, doch ist sie dennoch nicht als eine vorgeschriebene Mindestgeschwindigkeit zu verstehen. Freilich darf auf Autobahnen niemand so langsam fahren, dass andere Verkehrsteilnehmer dadurch behindert würden (Paragraph 3 Absatz 2 der Straßenverkehrsordnung).


With a little help from my Friend: Parklücke freihalten

Wer kenn das nicht? Lange ist man bereits um die Häuserblocks der City gekurvt, und endlich ist eine Parklücke erspäht. Leider auf der anderen Straßenseite. Bis man eine Möglichkeit zum Drehen gefunden hat, könnte der Parkplatz aber schon wieder vergeben sein. Die Lösung: Der nette Beifahrer steigt aus, hastet über die Fahrbahn auf die gegenüberliegende Seite und hält den Parkplatz bis zur Ankunft des Autos frei. Der Freundschaftsdienst ist zwar nett gemeint, doch verstößt er gegen Paragraph 12 der Straßenverkehrsordnung. Dieser Paragraph besagt nämlich, dass demjenigen Vorrang an der Parklücke einzuräumen ist, der diese zuerst unmittelbar erreicht. Im selbigen Paragraphen steht auch, dass es untersagt ist, einem zurücksetzenden PKW die Parklücke  wegzuschnappen, indem man kurzerhand vorwärts hineinkurvt.


Fünf ist Trümpf! Verlieren Halteverbote an Samstagen ihre Gültigkeit?

Ist Samstag nun ein Werktag – oder nicht? „Am Samstag gehört der Papi mir“ textete einst die Gewerkschaft für den Kampf um die geregelte Fünf-Tage-Woche in den 60er Jahren. In moderner (und irrtümlicher) Interpretation deutet so mancher Verkehrsteilnehmer diesen Losung um in: „Am Samstag gehört der Parkplatz mir!“. Halteverbotsregelungen würden dann nämlich ihre Gültigkeit verlieren, denn sie gelten ja nur an Werktagen. Beschäftigte bei Handel, Pflege, Polizei und in vielen anderen Bereichen wissen es jedoch besser: Der Samstag ist natürlich ein gewöhnlicher Werktag. Auch gemäß der Straßenverkehrsordnung stellt der Samstag nach Auffassung der gültigen Rechtsprechung einen Werktag dar. Um Halteverbotszonen sollte der Parkplatz suchende Autofahrer an Samstagen also lieber einen Bogen machen, wenn ihm sein Portemonnaie lieb ist.


Parken zum Zweiten: Nur mal eben kurz halten

Wenn man seinen Wagen nur kurz verlässt, kann das doch nicht schon als Parken bezeichnet werden, oder? Hand aufs Herz: Mal eben kurz vor der Hauptpost halten, um einen Brief einzuwerfen, macht doch jeder. Doch das – selbst nur kurzzeitige - Verlassen des Fahrzeugs gilt tatsächlich als Parken. Um etwaigen Ärger zu vermeiden, bleibt häufig der Fahrer im Auto, um auf die Rückkehr eines Mitfahrers zu warten, „der nur schnell in den Supermarkt gehuscht ist.“ Diese Begründung könnte bei einem nachsichtigen Mitarbeiter des Ordnungsamtes durchaus geschluckt werden. Doch Obacht: Verweilt man auf diese Weise länger als drei Minuten, gilt dies laut Paragraph 12 Absatz 2 der Straßenverkehrsordnung ebenfalls als Parken.


Parken zum Dritten: Zuparken

So was Gemeines! Da hat sich doch glatt jemand auf Ihren privaten Parkplatz gestellt! Na warte, Strafe muss sein! Demzufolge wird der Frechdachs dann eben zugeparkt. Die Lektion soll er nicht vergessen. Exakt jene disziplinarische Maßnahme könnte aber auch für den „Erzieher“ noch lange in teurer Erinnerung bleiben. Denn Zuparken ist Nötigung und wird entsprechend gerichtlich geahndet. Die einzige Möglichkeit, dem Falschparker Herr zu werden, besteht in dem Herbeirufen eines Abschleppdienstes. Dann wären aber die Kosten zunächst einmal von dem Parkplatzinhaber selbst zu tragen. Jene Kosten müssten wiederum vom Falschparker zurückgefordert werden. Aussicht auf Erfolg hat man freilich nur dann, wenn es neben dem besetzten Privatparkplatz keine sonstige frei zugängliche Parkmöglichkeit gab.


Parken zum Vierten: Querparken

Vor allem Berlin-Besucher sind zuweilen erstaunt. Der notorische Parkplatzmangel führt hier zu einem eigentümlich anmutenden Verhalten. So werden die wuseligen City-Flitzer á la Smart und Tweezy öfters quer eingeparkt, um auf diese Weise selbst die kleinste Stellfläche zu nutzen. Das müsste doch eigentlich verboten sein, oder? Ist es nicht! Maßgeblich ist allein, ob der fließende Verkehr behindert wird. Solange der ungehinderte Verkehrsfluss gewährleistet ist, fordert die Straßenverkehrsordnung sogar ausdrücklich, den vorhandenen Parkraum möglichst optimal auszunutzen.


Zettelwirtschaft

Upps, beim abendlichen Ausparken aus der engen Lücke nur einmal nicht genau aufgepasst, und – peng! – ist das Malheur passiert. Die Stoßstange des voraus parkenden PKW ist touchiert und sichtbar zerkratzt. Tja, der Lack ist ab. Was nun? Warten, bis der geschädigte Fahrzeugeigner auf der Bildfläche erscheint? Das könnte aber möglicherweise dauern. Rechtschaffende Menschen machen sich dennoch nicht einfach aus dem Staub, sondern hinterlassen ein kleines Zettelchen mit der Telefonnummer auf der Windschutzscheibe des lädierten Automobils. Solche Zettel sind auch beim Parken in Halteverbotszonen beliebt. Darauf steht dann meist zu lesen: „Bin gleich wieder zurück!“ Beide Botschaften sollen rechtlichen Verwicklungen vorbeugen, doch reichen solche Notizen in der Regel nicht aus, um Ärger mit Justitia zu vermeiden. Zu letzterem Beispiel: Parkt man unerlaubterweise im Halteverbot, und man möchte dem Abgeschleppt-Werden vorbeugen, sollte man sicherheitshalber nicht nur die Handynummer auf dem Zettel notieren, sondern auch den aktuellen Aufenthaltsort, das Datum und die Uhrzeit. Zudem sollte man binnen weniger Minuten auch tatsächlich wieder am Fahrzeug sein. Einen sicheren gesetzlichen Schutz vor drakonischen Maßnahmen durch das Ordnungsamt bietet diese Methode zwar nicht, doch im Zweifel könnte ein solcher detaillierte Hinweis auf die Erreichbarkeit vor Gericht als Beweis dienen, um die Unverhältnismäßigkeit einer verhängten Abschleppmaßnahme belegen zu können. Dann müssen die Richter entscheiden, wobei der Ausgang der Verhandlung jedoch ungewiss bleibt. Denn bekanntlich ist man auf hoher See und vor Gericht allein in Gottes Hand.
Achtung: Sollte ein Fahrzeug lädiert worden sein, so genügt ein an die Windschutzscheibe gepapptes Zettelchen in keinem Fall! Denn ein solcher könnte vom Wind davon geweht oder sonst wie entfernt werden. Daher ist der Schadensverursacher stets verpflichtet, den Geschädigten ausfindig zu machen oder auf ihn zu warten. Um auf den eingangs geschilderten nächtlichen Parkplatz-Rempler zurückzukommen: Wer nicht warten mag oder kann, sollte auch bei einem Bagatellschaden die Polizei informieren, um sich nicht hinterher dem Vorwurf der vorsätzlichen Fahrerflucht ausgesetzt zu sehen.  


Werbung wirkt. Das Auto als geparkte Litfasssäule

Man sieht sie in der Stadt immer häufiger: an belebten Straßen parkende Autos, die mit Aufschriften  versehen sind, um für irgend etwas zu werben. „Ist ja schließlich ein öffentlicher Parkplatz, und da darf man ein Kfz so lange abstellen, wie man mag“, denkt vermutlich so mancher findige Gewerbetreibende. Doch damit hätte sich der clevere Geschäftsmann verkalkuliert. Ab der fünften Woche gilt ein mit Werbeschriftzug abgestelltes Fahrzeug als "Litfasssäule" und kann mit einer besonderen Nutzungsgebühr belegt werden.


Das Fahrrad schützt vor Führerscheinentzug

Nach einem feuchtfröhlichen Abend bei Freunden steht fest: Autofahren geht ganz gewiss nicht mehr. Die lieben Mitmenschen könnten dann aber doch ein Fahrrad leihen, damit man wenigstens auf diesem Drahtesel nach Hause gondeln kann, oder? Nett gemeint, aber dennoch keine gute Lösung. Denn auch Fahrradfahrer gelten als Verkehrsteilnehmer. Wer betrunken auf dem Fahrrad unterwegs ist, riskiert daher den Entzug der Fahrerlaubnis. Eine Unterscheidung macht Vater Staat nur bei der Einstufung der Promille-Grenzen. So sieht er die absolute Fahruntüchtigkeit bei Autofahrern bei 1,1 Promille als gegeben an, während bei Fahrradfahrern schon 1,6 Promille gemessen werden müssen.


„Ich muss draußen bleiben…“

...appelliert für gewöhnlich ein Türschild an alle Hundehalter, ihren Vierbeiner bitte nicht mit ins Lebensmittelgeschäft zu nehmen. Die Hygienevorschriften wollen es so. Mancher Taxifahrer fordert dies ebenfalls und verweigert dem geliebten Waldi mit Verweis auf die sorgsam gepflegten Sitzpolster die Beförderung. Doch Recht hat der Taxichauffeur damit nicht. Im Gegenteil:  Taxifahrer sind verpflichtet, Hunde mitzunehmen.


„I saw the Light...“

Auf Autobahnen gilt es manchem Verkehrsteilnehmer als rüpelhafte Provokation, wenn ein rückwärtig heranfahrender PKW seine Überholabsicht dem Vorausfahrenden mittels aufblendender Scheinwerfer signalisiert. Das kann doch nie und nimmer gestattet sein, oder? Richtig ist, dass Lichthupe und Hupe sehr wohl eingesetzt werden dürfen – nur eben nicht fortwährend. Außerdem schreibt Paragraph 16 Absatz 3 der Straßenverkehrsordnung vor, dass die Hupzeichen nicht aus einer Tonfolge (Melodie) bestehen dürfen.


Warten auf den Freund und Helfer

Die Verwicklung in einen Verkehrsunfall ist nicht nur mit mancherlei Unannehmlichkeiten verbunden, sondern kann auch erhebliche rechtliche Folgen nach sich ziehen. „Am besten, man lässt alles so, wie es ist und wartet auf die Polizei, damit diese den Unfall ordnungsgemäß aufnimmt“, lautet daher der naheliegende Gedanke, um auf der sicheren Seiten zu bleiben. Falsch! Vielmehr gilt, dass bei kleineren Schäden, dem Verkehr sofort wieder Platz gemacht werden muss, um selbigen nicht unnötig zu behindern. Wer sichergehen möchte, dass die Polizei das Geschehen rekonstruieren kann, sollte vor Räumung der Unfallstelle ein Foto machen und die Fahrzeugpositionen mit Kreide kennzeichnen.


Der Auffahrende ist immer schuld

Das ist einer der ältesten Verkehrsmythen überhaupt. Und er ist in seiner Grundsätzlichkeit falsch. Je nach Unfallhergang, kann die Schuld nämlich durchaus auch geteilt werden. Sollte der Vorausfahrende sogar vorsätzlich gebremst haben, um den hinter ihm fahrenden Verkehrsteilnehmer zu provozieren, so droht ihm die Übernahme der Alleinschuld – insofern das provokante Manöver überhaupt nachgewiesen werden kann.


Nebulös: Wann darf die Nebelschlussleuchte eingeschaltet werden?

Manche beantworten diese Frage bereits bei dichtem Dauerregen mit „Ja“. Tatsächlich darf die Nebelschlussleuchte aber ausschließlich bei Nebel –  und zwar ab Sichtweiten unter 50 Meter – eingeschaltet werden (Paragraph 17 Absatz 3 der Straßenverkehrsordnung).

 

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