Die Zukunft der Elektromobilität

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elektrorenaultFoto: vrypanDie von der Bundesregierung beschlossene Energiewende wird sich nicht nur auf die Form der Energiegewinnung, sondern auch auf unsere automobile Fortbewegung auswirken. Was wird uns in Zukunft antreiben und voranbringen? Reifentrends.de gibt einen Überblick über den augenblicklichen Stand.

Renault Twizy: Die in unseren Städten nun überall herum rollende Asphaltkugel soll Elektromobilität sexy und – vor allem aber – für jeden preislich möglich machen. Für verdrehte Hälse sorgt der freche Franzose allemal.

Aber hat das als Auto verkleidete Elektro-Quad wirklich das Zeug, den automobilen Individualverkehr in ein neues Zeitalter zu führen? Immerhin: Die knuffige Karre sorgt für Furore – und Diskussionsstoff.

 Eine Million Elektroautos bis 2020?
Keine Frage: An der Elektromobilität führt zukünftig kein Weg vorbei. Das Öl geht zu neige, und die Co2-Emissionen müssen drastisch gesenkt worden, wenn wir die schlimmsten Auswirkungen der heraufziehenden Klimakatastrophe noch abmildern wollen. Elektromobilität, so die einhellige Meinung der Verkehrsexperten, ist eine Schlüsseltechnologie für ein nachhaltiges Verkehrssystem. Der hierzu erforderliche Strukturwandel in der Form der Energiegewinnung bringt die Politik ins Spiel. Stichwort „Energiewende“. Genialer Zündfunke oder populistischer Kurzschluss als Reaktion auf das folgenschwere Fukushima-Unglück? Wie auch immer: Seither arbeitet die Bundesregierung mit Nachdruck an dem Umbau des Energiesektors. Zudem finanziert sie etliche Forschungsvorhaben und regionale Leuchtturmkonzepte im Bereich der Elektromobilität.

 

Doch neuerdings äußert der für Energiepolitik zuständige Bundesumweltminister Peter Altmaier ernste Zweifel an der gewählten Strategie sowie am Gelingen des gesamten Vorhabens. In einem jüngst veröffentlichten Focus-Inteview äußert der Minister auch Skepsis bezüglich der Zielvorgaben auf dem Gebiet der Elektromobilität. Es werde bis 2020 „möglicherweise deutlich weniger Elektroautos geben als bislang angenommen“, sagt Altmaier im Focus-Gespräch und räumte damit Versäumnisse bei der geplanten Energiewende ein. Auf den betreffenden Internetseiten der von der Bundesregierung initiierten „Nationalen Plattform Elektromobilität“ wird das Thema freilich noch in den schönsten Zukunftsfarben gemalt.

Immerhin plant die Bundesregierung bis zum Jahr 2013 eine satte Milliarde Euro allein in das Projekt Elektromobilität zu investieren. Die Ziele sind ambitioniert: Denn nach dem ursprünglichen Willen der Politik sollten im Jahr 2020 bereits eine Million Elektroautos über Deutschlands Straßen surren. Doch die Energiewende hat noch gar nicht richtig begonnen, da laufen die Kosten bereits alarmierend aus dem Ruder – siehe die Diskussion um die teure Subventionierung der Photovoltaik. Denn die Subventionierung der regenerativen Energiegewinnung wird über den Strompreis refinanziert. Dieses Umlageverfahren treibt den Energiepreis zwangsläufig in immer neue Höhen, wodurch wiederum gänzlich neue wirtschaftliche und soziale Probleme hervorgerufen werden.

Mein Haus – meine Tankstelle
In der Planung des Bundes gestaltet sich die Zukunft der Elektromobilität freilich sehr viel reibungsloser. Das Vorführprojekt heißt „Effizienzhaus-Plus“ und verbindet die Themen Wohnen und Mobilität nach dem Motto „Mein Haus – meine Tankstelle“. In einem Berliner Modellversuch können die Bewohner eines mit Photovoltaik-Elementen ausgestatteten Effizienzhauses über eine Smartphone-Anwendung vorgeben, wann sie ein Fahrzeug nutzen möchten und welche Reichweite sie benötigen. Das hauseigene Regelzentrum errechnet dann automatisch auf Basis der Nutzerwünsche und des energetischen Zustands des Hauses eine optimale Ladestrategie für das jeweilige gewünschte Fahrzeug. Eine Pufferbatterie sorgt dafür, dass die Fahrzeuge auch in der Nacht geladen werden können, wenn die Photovoltaik-Elemente keinen Strom liefern. Ferner wird in dem Projekt das induktive Laden der Auto-Akkus über ein elektromagnetisches Feld erprobt.

Die kontaktlose Induktionsspulen-Technik erfordert allerdings erhebliche strukturelle Aufwendungen. Hingegen können Elektrofahrzeuge mit Lithium-Ionen-Batterien ganz klassisch über die Steckdose aufgeladen werden. Für Elektromobilität mittels Lithium-Ionen-Batterien besteht insofern bereits ein großer Teil der benötigten Infrastruktur. Als folgerichtige Ergänzung könnte ein intelligentes Stromnetz namens „Smart Grid“ dienen, welches auf die tageszeitlich schwankende Nachfrage- und Angebotssituation reagieren soll. Autos könnten dann sowohl Stromverbraucher als auch -lieferanten sein. Und das soll so funktionieren: Die Batterien der geparkten – und unterdes millionenfach produzierten - Elektrofahrzeuge werden nun auch als Stromspeicher genutzt. Sinkt der allgemeine Stromverbrauch, werden die Batterien der angeschlossenen Elektrofahrzeuge aufgeladen. In Spitzenzeiten hingegen speisen die Fahrzeugbatterien ihren Strom ins Netz ein. Auf diese Weise würde das Leitungsnetz gleichmäßiger genutzt und die Bereitstellung von elektrischer Energie optimiert. Klingt klug, oder einfach nur zu schön, um jemals wahr zu sein? Denn eine Voraussetzung dafür wären zum Beispiel Stellflächen, auf denen geparkte Fahrzeuge mit dem Stromnetz verbunden sind. Darüber hinaus würde eine leistungsfähige Steuerung benötigt, welche die Ladung und Entladung der Batterien regelt und abrechnet. Dies wiederum klingt eben nicht nur smart, sondern leider auch ziemlich kostspielig. Ungeklärt ist auch, wie empfangene und eingespeiste Energiemengen schlussendlich miteinander verrechnet werden sollen. Eine automatisierte Kennung der Autos würde die Erstellung von Bewegungsmustern ermöglichen - und dies wäre aus datenschutzrechtlichen Gründen bedenklich. Alternativ wären pauschale Nutzungsbeträge denkbar, die allerdings ökonomische Benachteiligungen von Produzenten oder Verbrauchern nicht ausschließen.

Sand im Getriebe der Elektromobilität
Jenseits der immensen strukturellen, organisatorischen und finanztechnischen Probleme hat die Elektromobilität auch und vor allem mit erheblichen technischen Tücken zu kämpfen. Zum Beispiel mit der mangelnden Reichweite. Denn gegenwärtig kann keine Batterie soviel Energie speichern wie ein voller Benzin- oder Dieseltank. Aus diesem Grund eignen sich Elektrofahrzeuge derzeit vor allem für den Stadtverkehr. Für den Pendler jedoch, der täglich längere Distanzen zurücklegen muss, stellt die Elektromobilität ein bis dato kaum verlockendes Angebot dar. Denn der Radius von bis zu 150 Kilometer, den heutige Hersteller zusichern, reduziert sich durch Zuladung, kalte Witterung oder die Verwendung anderer elektrischer Verbraucher wie Heizung oder Klimaanlage - so denn die Elektromobile solche Energiefresser überhaupt an Bord haben - erheblich. Eine Untersuchung des TÜV Süd ergab, dass sich die Fahrleistung eines Elektro-Smart im Winter um 47 Prozent reduzierte. Reicht die Batterieladung im Sommer für etwa 120 bis 150 Kilometer, macht die Batterie im Dezember demnach bereits nach 60 bis 75 Kilometern schlapp. Wer also im Winter mit seinem Elektroauto in einen Stau geraten sollte, kann die erzwungene Wartezeit gleich schon einmal dazu nutzen, im Bedienhandbuch nach der Anbringung der Abschlepp-Öse zu suchen – und/oder er führt sicherheitshalber stets eine dicke Decke und eine Thermoskanne heißen Kakao mit sich.

Könnte die Aufladung über Induktionsspulen helfen, die Reichweiten von Elektroautos zu erhöhen? Bei induktiven Systemen wird der Strom über ein Magnetfeld zwischen zwei Spulen erzeugt. Unter dem Asphalt befindet sich eine Primärspule, die an das öffentliche Stromnetz angeschlossen ist. Am Fahrzeugboden ist ebenfalls eine Spule (Sekundärspule) angebracht. Sobald der Ladevorgang startet, baut sich ein Magnetfeld auf, das in der Sekundärspule elektrischen Strom induziert, mit dem die Fahrzeugbatterie aufgeladen wird. Dieses Konzept erfordert – wie erwähnt – enorme strukturelle Aufwendungen. Ungeklärt ist auch, ob die technischen Lösungen der Fahrzeughersteller mit den jeweiligen nationalen Ladesystemen problemlos funktionieren würden. Skepsis ist leider angebracht. Denn das heutige Wirrwarr mit den unterschiedlichen Ladestecker-Typen lässt auch für zukünftige Technologie-Strukturen kaum grenzenlose Kompatibilität erhoffen.

Prämien sollen Kunden locken
Wenn Elektromobilität aber uneingeschränkt alltagstauglich sein soll, benötigt sie ein – zumindest für Europa – einheitliches System. Ohne politische Eingriffe durch gesetzliche Regelung und Subventionierung werden neue Antriebs- und Energieversorgungskonzepte daher kaum eine Chance haben. China subventioniert seine Betriebe in einem Ausmaß, wie es den europäischen Industrienationen zweifellos unmöglich ist. Im finanziell klammen Europa sind hingegen auch gesetzlich vorgegebene Quoten für die zunehmende Elektrifizierung der Modellflotte eines Autoherstellers denkbar. Doch wer soll einen elektrifizierten oder mit Hybridantrieb versehenen Audi, VW oder Renault überhaupt kaufen? Die Anschaffung eines vergleichsweise teuren Elektromobils wird daher wohl mit attraktiven Prämien schmackhaft gemacht werden müssen. Anders als in Deutschland wurde und wird dieser Weg von anderen europäischen Staaten schon beschritten. Doch Fördermaßnahmen hin oder her: Entscheidend für den Erfolg des neuen Antriebskonzepts wird die Steigerung der Reichweite und die Verbesserung seiner Praktikabilität sein. Diesbezüglich können die Japaner, hier vor allem Toyota mit seinem Prius, auf große Erfahrungswerte bauen. Übrigens halten die Japaner im Zusammenhang mit der Elektromobilität weltweit über 70 Prozent aller Patente. Zum Vergleich: Deutschland kommt gerade einmal auf maue siebeneinhalb Prozent. Dafür aber ist Deutschland bei der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie in Europa führend.

Viele Wege führen zum Strom
Welche Technologiekonzepte kommen denn überhaupt für die Elektromobilität infrage? In aller Munde ist der Hybridantrieb. Dieser Begriff bezeichnet die Kombination aus wenigstens zwei unterschiedlichen Motoren, die parallel oder abwechselnd zum Einsatz gelangen. Unterschieden wird hier wiederum zwischen diversen Typen. Ein sogenannter „Mikro-Hyprid“ ist im Prinzip nichts anderes als eine simple Start-Stop-Automatik. Selbige ist preiswert zu realisieren und ermöglicht dennoch effiziente Energieeinsparungen vor allem im innerstädtischen Stopp & Go-Verkehr. Mild-Hybrid-Konzepte verfügen in Ergänzung zur Start-Stopp-Funktion und regenerativer Bremsen über einen Elektromotor, der bei niedrigen Geschwindigkeiten für den Antrieb sorgt. Der Benzinmotor kommt im Volllastbereich zum Einsatz. So lassen sich Benzineinsparungen bis zu 25 Prozent realisieren.
Voll-Hybrid-Autos verfügen ebenfalls über einen Verbrennungs- und einen Elektromotor. Beide Aggregate können sowohl unabhängig voneinander als auch in kombinierter Zusammenarbeit das Fahrzeug antreiben. Eine ausgeklügelte Steuerung regelt die optimale Leistungsverteilung. In der Stadt und im Teillastbereichen lassen sich dadurch beachtliche Energieeinsparungen erzielen. Auf langen Strecken – bei ausschließlichem Einsatz des Verbrennungsmotors – hingegen kann der Voll-Hybrid mit keinerlei Einsparpotenzialen glänzen.
Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge sind mit einem Verbrennungsmotor und einer Batterie ausgestattet, die über das Stromnetz aufgeladen wird. Mithilfe des Akkus kann das Auto nun auch auf längeren Distanzen im Elektro-Betrieb fahren. Sobald die Batterie leer ist, startet der Verbrennungsmotor. Plug-in-Hybrid ist eine vergleichsweise kostengünstig zu realisierende Technologie, die vor allem dann erfolgversprechend wäre, wenn bestimmte Stadtbezirke dereinst nicht mehr von Autos mit Verbrennungsmotor durchfahren werden dürfen.
Reine Elektrofahrzeuge beziehen ihre Energie über eine aufladbaren Batterie. Geringe Speicherkapazitäten und magere Reichweiten sowie ein begrenztes Komfortangebot bei gleichzeitig hohen Anschaffungspreisen stempeln dieses Antriebskonzept augenblicklich noch zum Außenseiter. Doch die Hersteller arbeiten mit Hochdruck an leistungsstärkeren Akkus. Die Reichweiten können zum Beispiel mit Hilfe eines sogenannten „Range Extender“ vergrößert werden. Leert sich der Akku, produziert ein zusätzlicher Verbrennungsmotor (oder vielleicht demnächst eine Brennstoffzelle) erneuten Strom für den Elektroantrieb. Elektromobile mit Range Extender können den Insassen den gewohnten Komfort bieten. Allerdings sind die Fahrleistungen im Ladebetrieb deutlich eingeschränkt.
Brennstoffzellen-Fahrzeuge verfügen über einen Elektroantrieb, bei denen die elektrische Energie aus Wasserstoff oder Methanol gewonnen wird. Die Reichweite ist mit etwa 450 Kilometern deutlich besser als bei anderen elektrischen Antriebsformen. Zudem kann das Fahrzeug schneller betankt werden. Freilich fehlt eine flächendeckende Infrastruktur für eben diese Betankung. Brennstoffzellen-Prototypen sind weltweit in der Erprobung. Die Probleme liegen weniger im technologischen Bereich als vielmehr bei den Kosten, denn die Anschaffungspreise werden sehr viel höher liegen als bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Wasserstoff-Motoren befinden sich ebenfalls seit vielen Jahren in der Erprobung. Doch haben sie sich gegenüber dem Brennstoffzellen-Konzept aus vielerlei Gründen als unterlegen erwiesen, so dass sie kaum als gängiges Antriebskonzept zumindest für den Individualverkehr in Frage kommen werden.

Zurück zum witzigen Twizy. Um einigermaßen flink vom Fleck zu kommen, stellt Renault ihn extrem abgespeckt auf die Räder. Auf richtige Türen oder Seitenscheiben wurde beispielsweise verzichtet. Dank dessen benötigt der Twizy kein Gebläse zur Entfeuchtung der Windschutzscheibe. Trotz seiner spartanischen Ausstattung kommt der knapp 8.000 Euro teure Neuling aber gut an. Europaweit sind bereits mehr als 5.000 Fahrzeuge verkauft. Somit leistet der Kleine einen großen Beitrag zur Steigerung der allgemeinen Akzeptanz der Elektromobilität. Sehr vielmehr darf man bis dato von Elektromobilen auch nicht erwarten.

 

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